Spieglein, Spieglein an der Wand ...

… wer ist die Schönste in Gaoual? Man glaubt es kaum, aber sogar im vergessenen Gaoual wird eine Miss gewählt. Schon länger erzählen mir meine einte Sprachhelferin und ihre Bekannten davon, dass bald die Miss Gaoual-Wahl stattfindet. Aminata*, eine Verwandte meiner Sprachhelferin, sei unter den sechs Teilnehmerinnen. Ob ich auch käme, wurde ich gefragt. Halimatou*, eine Freundin von Aminata, versprach mir, mich am Tag der Misswahl um 21 Uhr abzuholen.

 

An besagtem Dienstagabend stand sie zu meiner Überraschung bereits um 19.30 Uhr auf unserer Terrasse. Sie wollte mich informieren, dass sie sich nun sehr gut waschen und anziehen gehe und mich dann abholt. Um 20 Uhr würde es anfangen. Da ich die Guineer inzwischen schon etwas kenne, wusste ich, dass es sicher später werden würde.

 

So zeigt meine exakte Schweizeruhr kurz nach 21 Uhr als Halimatou zusammen mit zwei weiteren jungen Frauen bei mir auftaucht. Da es schon dunkel ist, merke ich erst beim genaueren Hinschauen, dass die einte Aminata ist, eine der Miss-Teilnehmerinnen. Etwas erstaunt, dass sie nicht bereits am Ort des Geschehens ist, laufe ich mit den drei jungen Frauen Richtung Stadt. Vor einem verschlossenen Coiffeur-Salon setzen wir uns. Ich frage: „Was machen wir hier?“ – Halimatou: „Wir warten auf die Frau, die Aminata schminken soll.“ Langsam ahne ich, dass der Abend etwas länger werden könnte. Irgendwann taucht die Schmink-Frau tatsächlich auf und vollbringt ihr Kunstwerk. Die beiden anderen Frauen sind begeistert von der hübschen Aminata. Für meine europäischen Augen sieht es eher so aus als würde sie an die Fasnacht gehen als an eine Miss-Wahl.

 

Um fast 22 Uhr machen wir uns auf den Weg zum Lokal, wo die Miss-Wahl stattfinden soll. Erstaunt stelle ich fest, dass wir die allerersten im Saal sind, einzig der DJ auf der Bühne ist auch schon in Aktion. In diesem Moment erkenne ich, dass es ein sehr langer Abend werden wird.

 

Langsam füllt sich der Saal dann doch. Neben all den knapp bekleideten jungen Frauen, fühle ich mich sehr keusch in meinem kulturangepassten Jupe und T-Shirt. Bis 23 Uhr sind so viele junge Leute anwesend, dass die Verantwortlichen entscheiden mit der Show zu beginnen. Die Missen und auch die Misterkanditaten (die nächste Überraschung für mich, dass auch Männer – oder besser gesagt Jungs – teilnehmen) stellen sich vor. Von der Präsentation verstehe ich nicht viel, da die Qualität des Mikrofons zu wünschen übrig lässt. Anschliessend treten verschiedene Gruppen von Jugendlichen auf, die tanzen und rappen. Die einten echt gut – tanzen können sie einfach. Zwischendurch schreien alle auf, wenn das Licht ausgeht, weil das Kabel einen Wackelkontakt hat. Die nächsten 1,5 Stunden geht das so und ich frage mich langsam, wann die eigentliche Miss-Wahl anfängt. Inzwischen bin ich überzeugt, dass es wirklich ein seeeehr langer Abend werden wird.

 

Um 00.30 Uhr gibt es den ersten Laufsteg-Durchgang. Die Missen präsentieren sich in so etwas wie einem Bikini aus traditionellem Stoff. Junge Männer werfen Geld auf die Bühne, wenn ihnen die Kandidatin gefällt. Bei den männlichen Kandidaten im afrikanischen Boubou und mit Handy in der Hand werfen die Mädchen Geld.

 

Nach einer weiteren Showeinlage von einer Rap-Gruppe, hoffe ich, dass nun das Resultat bekannt gegeben wird. Es ist inzwischen 01.20 Uhr. Doch nun beginnt der zweite Laufsteg-Durchgang. Und ich gebe die Hoffnung auf, dass ich in nächster Zukunft im Bett liegen werde.

 

Um 02.00 Uhr geht meine Geduld zu Ende und alles Mir-selber-einreden, dass dies zur kulturellen Weiterbildung gehört und ich ja in der nächsten Nacht den Schlaf nachholen kann, nützt nichts mehr. Ich sage zu meinen Begleiterinnen: „Ich gehe nach Hause, ich muss morgens früh wieder arbeiten.“ Ich bin mir jedoch nicht ganz sicher, ob ich mich wirklich alleine durch die Stadt traue, wo sich nachts hauptsächlich nur noch Männer aufhalten. So bleibe ich sitzen, als die einte meiner Begleiterinnen sagt: „Nein, du kannst doch nicht alleine gehen. Wir gehen alle zusammen. Es ist „toute de suite“ (gleich) fertig.“ Ich ahne schon das Schlimmste. „Toute de suite“ kann nämlich in Guinea mehrere Stunden, Tage oder sogar Wochen bedeuten.

 

So bin ich ganz überrascht, als eine Viertelstunde später plötzlich alle aufstehen, aus dem Saal strömen und sich auf den Heimweg machen. Und wer ist nun eigentlich zur Miss Gaoual gekrönt worden? Tja, dies wird am 2. April in einer weiteren Veranstaltung bekannt gegeben. Aber ohne mich. Mir ist inzwischen egal, ob Aminata, Aissatou, Binta, Maimouna, Hawa oder Mariama** Miss Gaoual wird. ;)

 

* Name der Redakteurin bekannt

** Namen der Redakteurin nicht so genau bekannt

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Spachi :) (Mittwoch, 06 April 2016 01:52)

    Also den Vergleich mit der Fastnacht fand ich anfgangs etwas übertrieben... bis ich die Fotos sah ;)
    Trotzdem hoff ich, dass du eine sehr schöne Zeit genießen kannst und wir uns in einiger Zeit (auch wenns noch n bissal dauern wird) uns wieder sehn werden!
    Freu mich auf weitere Beiträge !
    Lg Spachi :)