Let's start ...

Drei bis vier lange Monate dauern hier in Guinea die Sommerferien – oder besser gesagt die Regenzeitferien. Wenn alles gut läuft, öffnen die Schule anfangs Oktober. Doch wie ihr vielleicht bereits bemerkt habt, läuft selten alles gut in Guinea. Doch dieses Jahr stehen die Chancen gut, dass tatsächlich alles gut läuft. Es stehen keine nationalen Wahlen an, die Ebola-Krise ist glücklicherweise schon länger überwunden. Doch auch eine Woche vor Schulstart ist niemand sicher, ob die Schule nun tatsächlich ihre Tore öffnen wird. Auch die Schuldirektoren und die Beamten des Bildungsdepartements von Gaoual wissen nicht mehr als die Durchschnittsbevölkerung. Irgendwann wird schliesslich im Radio verkündet, dass am 4. Oktober der Schulbeginn ist.

 

Der Tag wird von den meisten Mitgliedern unseres Teams mit Spannung erwartet. Für die Meisten bedeutet es nämlich einen Neustart, da wir gleich drei Projekte im Bereich Bildung haben. Da ist zum einen die ActionVIVRE-Schule (Primarschule und Oberstufe), die dieses Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum feiern wird. Bereits das dritte Jahr öffnet der Kindergarten in Sinthiourou, einem Aussenquartier von Gaoual, seine Klassen. Und dieses Jahr startet neu die Berufsschule, wo Mechaniker und Maurer ausgebildet werden. Pünktlich am 4. Oktober – man glaubt es kaum - starten also alle Projekte mit dem Unterricht. Hier ein kleiner Einblick in die einzelnen Projekte.

 

ActionVIVRE-Schule

Unsere Schule gilt als die beste Schule in Gaoual. So sind dann am ersten Schultag auch tatsächlich alle Lehrpersonen anwesend. Die zwei neuen Primarlehrer aus der Waldregion im Süden des Landes kommen bereits eine Woche vor Schulstart mit ihren Frauen, Kindern, Neffen, jüngeren Geschwister und einer Grossmutter in Gaoual an. (Und sind übrigens unsere neuen Nachbarn). In den anderen Schulen sind bis zum jetzigen Zeitpunkt (zwei Wochen nach Schulstart) immer noch nicht alle Lehrer in der Schule erschienen. Am ersten Tag sind ungefähr die Hälfte der Schüler und SchülerInnen in der ActionVIVRE-Schule anwesend. Die restlichen Kinder glauben wohl noch nicht, dass die Schule nun wirklich wieder anfängt. Oder sie haben noch keine Schuluniform oder kein Heft und Stift. Die anderen sind noch irgendwo in den Ferien und müssen sich erst auf den Heimweg machen. Bei den aktuellen Strassenverhältnissen ist dies gar kein so leichtes Unterfangen (siehe Foto von einer Reise im September). Doch im Laufe der folgenden Tage und Wochen trudeln immer mehr Kinder ein. So dass dann irgendwann die 600 Schüler und Schülerinnen beisammen sind.

 

Kindergarten Sinthiourou

 Wir vom Kindergartenteam haben uns während der Ferienzeit gut vorbereitet. Wir haben einen einfachen Lehrplan ausgearbeitet, Unterrichtsmaterial hergestellt, Gespräche mit dem Quartierchef geführt und eine Weiterbildung für unsere freiwilligen Helfer organisiert. Wir starten dieses Jahr mit 3 Klassen und insgesamt 60 Kinder. In einem guineischen Kindergarten befinden sich normalerweise mindestens so viele Kinder in nur einer einzigen Klasse. Monsieur Dansoko*, der bereits seit zwei Jahren mit Elian unterrichtet, übernimmt nun zum ersten Mal eine eigene Klasse (siehe Fotos). Zudem unterstützen uns vier Frauen – zwei aus dem Quartier und zwei aus einem Dorf ausserhalb der Stadt und lernen gleichzeitig wie man im Kindergarten unterrichtet. Dieses Jahr können wir unseren Kindergarten in einem Haus ganz in der Nähe einrichten anstatt in den Garagen im Hof des Quartierchefs. Das Haus ist noch im Rohbau und es ist vorläufig nur vorübergehend. Da in Guinea „vorübergehend“  manchmal sehr lange dauern kann, sind wir guter Hoffnung. Denn es ist für guineische Verhältnisse eine sehr komfortable Lösung. Wir haben für alle Klassen ein eigenes Zimmer und zudem ein grosses Spielzimmer. Da wir nicht mit Spielzeug für drei Klassen ausgerüstet sind, teilen wir uns das Spielzimmer. In meiner Klasse sind die älteren Kinder. Die meisten davon haben schon letztes Jahr unseren Kindergarten besucht und man merkt, dass sie schon viel gelernt haben. Ich bin jedenfalls motiviert im kommenden Jahr mit ihnen zu arbeiten und habe die Mamadous und Bintas (die häufigsten Namen hier) bereits ins Herz geschlossen.

 

Berufsschule CAMAV (Centre d’Apprentissage des Métiers Action VIVRE)

 

Die Männer unseres Schweizerteams sind in der Berufsschule involviert. Nach vielen Monaten konnte der Bau des Zentrums endlich abgeschlossen werden und alles ist bereit, um die neuen Lehrlinge aufzunehmen. Nach einem Eintrittstest, in dem das Vorwissen der jungen Leute getestet wurde, wurden 19 Mechanikerlehrlinge und 4 Maurerlehrlinge in die Ausbildung aufgenommen. Nun sitzen die Lehrlinge während zwei Tagen in der Woche in der Schule, wo sie Allgemein- und Fachunterricht haben. Einige müssen auch abends noch Nachhilfeunterricht in Französisch und Mathematik besuchen, da das Niveau der guineischen Schulabgänger häufig sehr niedrig ist. Die restlichen Tage verbringen die jungen Männer bei einem Lehrmeister in der Stadt. Dieses System ist hier unbekannt. Normalerweise erlernen nur diejenigen ein praktisches Handwerk, die in der Schule nicht mehr weiterkommen. Es wird immer als besser angesehen, wenn man Studieren kann (trotz der Tatsache, dass die meisten Universitätsabgänger in Guinea keine Arbeit finden). Wer also irgendwann in der Schule nicht mehr den Anforderungen genügt, geht zu einem Lehrmeister, wo er oder sie vor allem durch „Learning-by-doing“ und zuschauen lernt. Oder einfach Tee kocht für die anderen Arbeiter. ;)

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Myriam (Donnerstag, 17 November 2016 04:52)

    Sehr interessant (wie immer) . Has gärn gläse :) Merci und alles Gueti witerhin