Kleider, Hüte, Selfiesticks

Die guineische Mode geht von stylish und wunderschön bunt über papageienmässig kitschig bis hin zu fasnächtlich verkleidet. Wer nun glaubt es gäbe hier keine Modetrends, hat sich gewaltig getäuscht. Momentan ist es sehr „in“ Oberteile mit Stoff überzogenen Knöpfen mit Löchern in den Ärmeln zu tragen. Trendige Jugendliche kleiden sich mit einem Jupe, der über den Bauchnabel reicht kombiniert mit einem bauchfreien Oberteil. Ebenso angesagt sind momentan in Stoff gekleidete Frisbies mit einem Loch in der Mitte, die man auf dem Kopf trägt (leider habe ich kein Bild dazu, aber vielleicht könnt ihr es euch ungefähr vorstellen). Die guineische Kleidermode kann an jeder Hochzeit, Namenstaufe oder sonstigem Fest bestaunt werden. So hat man auch mit jeder bekannten oder unbekannten weiblichen Person gleich ein Gesprächsthema: „Dein Complet (= Kleid, das von oben bis unten aus dem gleichen Stoff geschneidert wurde) ist schön! Wo hast du den Stoff gekauft? Wie teuer war er? Wer hat dir das Kleid genäht? Wie viel musstest du bezahlen?“

Letzte Woche hatte ich wieder einmal die Gelegenheit an einer extravaganten Hochzeit teilzunehmen. Eines Montagnachmittags – ich habe meine To-Do-Liste gerade einigermassen abgearbeitet – kommt eine Nachbarin in einem schönen Kleid bei unserem Brunnen Wasser holen. Sie gehe an ein Hochzeit und brauche nur noch etwas Wasser zum ihre Füsse waschen. Kurzentschlossen entscheide ich mich mitzugehen. Ich kenne zwar weder Braut noch Bräutigam, aber das spielt hier keine grosse Rolle. Es gibt keine geschlossene Gästeliste und mit weisser Haut ist man sowieso meistens herzlich willkommen. Meine Nachbarin wäscht sich also noch die Füsse, was ich nicht mache, da sie eh nach zwei Minuten auf den gaoualischen Strassen wieder staubig sein werden. Ich werde dies nachholen, wenn ich wieder zu Hause bin. Für die Leute hier ist es jedoch sehr wichtig, die Füsse zu waschen, bevor man irgendwo hin geht. Es ist so wichtig, dass es im Pular dafür sogar extra ein Verb gibt: „sembagol“ (= sich die Füsse waschen). Man muss nur aufpassen, dass man nicht „sembugol“ erwischt. Das heisst nämlich „dick werden“. Wobei dies auch nicht allzu schlimm wäre, da es hier als Kompliment gilt, wenn man jemanden sagt, er habe zugenommen.

Während der Fusswaschung meiner Nachbarin, stürze ich mich also in eines meiner Falbala-Kleider, die mich als Mädchen in den Asterix & Obelix Comics immer fasziniert haben.

 

Angekommen am Ort des Festes – im Luxushotel von Gaoual, das jedoch noch kaum einen Übernachtungsgast gesehen hat – geht das Sehen und Gesehen werden los. Während ich hinter den Stuhlreihen durchlaufe, um da und dort Bekannte zu grüssen, lass es sich die Guineer nicht nehmen mitten über die Bühne zu laufen. Am besten mehrmals hin und her, damit auch ja alle sie gesehen haben. Natürlich werden auch haufenweise Erinnerungsfotos in allen möglichen und unmöglichen Posen geschossen mit ihren Smartphones, was inzwischen viele besitzen. Der neueste Trend sind Selfiesticks. Habe ich letztes Jahr an den Festen ab und zu einen verlängerten Handyarm gesehen, so sind es an diesem Fest sicher drei oder vier. Und da Pular eine Sprache der Verben ist, gibt es auch bereits das passende Verb: „selfugol“. Ja und wer nun noch mehr spannende Beschreibungen vom Hochzeitsfest erwartet, wartet vergeblich. Denn das war auch schon alles: Kleider, Hüte und Selfiesticks.

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Kommentare: 3
  • #1

    Nadina (Mittwoch, 08 März 2017 00:04)

    aaaah Noemi soooo cool vo dir zum läse!! ih liiiiieb dini Blogiträg - da chömet immer richtigi Gaoual-Sehnsücht & au chli Wehmuet ih mir hoch!! Ganz liebi Grüeß ☺️

  • #2

    Ruth Schelling (Mittwoch, 08 März 2017 09:35)

    Chicci miggi vo Gaoual, u du bisch ou bsunders chic i dim Falballachleid. Hesch zuegno?(aus Kompliment!!) D'Manne gfaue mer bsunders hihi

  • #3

    Maria G (Mittwoch, 08 März 2017 10:04)

    Liebe Naemi, lese immer gerne deine Nachrichten. Schön, dass es dir gut geht! Gut schaust du aus!